1753-07-24, de Frederick II, king of Prussia à Venerable council of Frankfurt am Main.

Allerdurchleuchtigster und grosmächtigster König, allergnädigster König u. Herr!

Ew. Königl.
Maÿ Können wir nicht umhin, auch dasjenige hiemit alleruntertänigst bekand zu machen, was seit der, mit Consens der hiesigen Königl. Preussischen Räthen von Freÿtag und Schmid, am 6. huj. beschehenen Arrest-Befreÿung der von Voltaire sich hier weiters zugetragen. Es hat nemlich gedr. de Voltaire gleich den andern tag bei dem Hof-Rath Schmid die bei der Arrestirung Ihme abgenommene gelder durch den Wechsel-Notarium Mÿcc abforderen lassen, mit welchem auch der von Freÿtagische Secretarius Dorn abgeschickt worden, um ermelte gelder, nach Abzug der Unkosten, dem von Voltaire in seinem Quartier, Zum guldenen Löwen genamt, selbst zu überbringen und wieder auszuliefferen. Besagter Dorn aber hat davon an den Voltairischen Secretarium Colini, der sich desfals in einem aparten Zimer mit Ihm unterredet, nichts ausbezahlet, sondern bei Erblickung des von Voltaire sich eilfertigst retirirt und diesen, ob hätte Er eine in der Hand gehabte Pistole aufgezogen, beschuldiget, auch solches bei unserm ältern burgermeister ad protocollum, laut sub Lit. A. beikomenden extractus, ohnverweilt dictando angezeigt, anbei den Antrag gethan, den Notarium Müycc hierüber aidlich zu vernehmen und Ihme copiam depositionis in forma probante mitzuteilen, damit dieses attentatum zu der Stadt und seiner, des Comparentens, Satisfaction, ehe actio inanis werde, geschwind bestraft werden mögte. Der de Voltaire hingegen hat in der von seinem Secretario Colini und beeden Notariis Mycc und Boehm mit attestirten anlage sub Lit. B. das geklagte Factum anderst erzehlt u. vorgestellet, dass Er in seinem Quartier mit einer Pistole ohne Pulver, ohne Bleÿ und ohne Stein, vor obberührtem Zimmer vorbei gegangen seÿe, um die Pistole zu seiner vorhabenden Reise ausbessern zu lassen, im übrigen den verläumder Dorn weder gesehen habe, weniger mit Ihme reden, noch denselben angreiffen Können. Nach desen Verlesung hat unser Scheffen-Rath am 7. huj. alsbald verfüget, dass man den Secretarium Dorn darüber vernehmen und wam Er sich damit nicht beruhigen wolte, den Notarium Mÿcc vor der ältern burgermeisterlichen Audienz, auf seine burgerliche Pflichten, darüber hören solte.

Deme zu folge hat der Wechsel-Notarius Mÿcc, nachdeme der mit erschienene Secretarius Dorn, in die summarische Abhörung des Mÿccs, salvo jure suo, consentirt, am 9ten ejusd. laut sub Lit. C. beiliegenden protocolli, an Aides statt ausgesagt, dass der de Voltaire Ihn mit einer Vollmacht am Samstag früh um 9 Uhr, zu dem Hofrath Schmid geschickt habe, um daselbst dasjenige Geld so dieser Ihm zustellen wurde, zu empfangen und darüber zu quittiren. Der Hofrath Schmid habe declarirt, dass Er zwar gegen Deponenten und seinen Fidem nichts habe, doch, weil die Sache den Kriegs-Rath von Freÿtag mit betreffe, Er desen Secretarium Dorn dazu adhibiren müste. Zu dem Ende habe gedr. HofRath dem Dorn das Geld behändiget und seÿen Sie beede in den guldenen Löwen gegangen, woselbst Sie der Voltairische Secretaire in ein Zimmer geführt, u. hätten Sie von der Affaire gesprochen, der Dorn auch dem Secretaire die auszustellende Quittung vorgezeigt. Mitlerweil seÿe der de Voltaire vor der offen gestandenen tühr, mit einer Pistole in der Hand, vorbei gegangen, worauf der Secretaire hinausund mit dem de Voltaire weiter gegangen. Der Secretarius Dorn seÿe hierauf so gleich fortgegangen, und als Deponent Ihm zugeruffen, Er mögte doch warten, dass die Sache zu Ende Käme, hätte derselbe geantwortet: Er bliebe nicht, der Voltaire gienge mit einer Pistole in der Hand herum. Da nun Deponent solches dem Secretario Colini erzehlet, habe letzterer die Pistole geholt und gesagt: Es wäre eine törigte Einbildung und die Pistole nicht geladen, auch kein Stein darauf. Er, Deponent, seÿe darauf mit der Pistole zu dem Hof Rath Schmid gegangen, um selbigen zu desabusiren. Dieser aber u. der Secretarius Dorn hätten gesagt, man hätte vielleicht in der Geschwindigkeit die Pistole verwechselt und eine andere ergriffen. Als Er nun obiges dem de Voltaire hinterbracht, hätte derselbe den Deponenten in ein anderes Zimmer, worinnen Notarius Boehm geschrieben, geführt; den Gegenpart der Pistole quaest welche in gleichem Stand gewesen, gewiesen u. nochmals declarirt, dass Er eine solche Intention nicht gehabt, sondern nur die Pistole einem bedienten, um sie zu putzen, zugestellet habe, weil Er noch selbigen tag verreisen wolle. Alle übrige Fragen, ob Er gesehen, dass de Voltaire den Hahnen an der Pistole aufgezogen, damit nach dem Dorn gezielet? auch ob Er gesehen u. gehöret, dass der Secretaire Colini aufgesprungen, den Voltaire umfast, in ein anderes Zimmer gebracht und dabei in die Worte ausgebrochen, mais mon Dieu, Monsieur?

Hat Notarius Mÿcc, auser dem Sehen, dass Colini mit dem de Voltaire fortgegangen, mit nein beantwortet, auch Notarius Boehm ein mehrers nicht zu melden gewüst, alss dass der von Voltaire sich beklagt wegen dem ungestüm des Dorns, und dass Ihm der HofRath Schmid sein Geld vorenthielte. Der de Voltaire habe Ihm 2 Pistolen gewiesen, woran weder Stein, noch Pulver, noch Bleÿ, und die eine etwas verbrochen gewesen, welche der de Voltaire wollen repariren lassen und sich beklagt, dass der Dorn vorgebe, ob hätte man nach Ihm schiessen wollen. Auf Befragen, ob Dieses die Pistolen quaest. seÿen, hätte Notarius Mÿcc solches bejahet. Als nun auch sotahnes Protocoll, mit einem Voltairischen Schreiben aus Maÿntz, wovon copia sub Lit. D. beigehet, und die von dem dem Actuario bei der ältern. Burgermeistern Audienz, wegen seiner bei dem Hofrath Schmidt getahnen Ausrichtung, abgestattete, sub Lit. E. hier angefügte schriftliche Relation bei unserm Scheffen Rath abgelesen worden, ist die Resolution ausgefallen, dass man beeden teilen copiam protocolli erteilen und dem de Voltaire nochmals durch seinen Anwald, Notarium Boehm, zu vernehmen geben solle, wie man den Fürgang gantz gemein an Ew. Königl. Maÿ. alleruntertänigst berichtet habe, sich aber weiter in dieser Sache nicht einlassen Könne. Deme ohngeachtet ist in der sub Lit. F. beigebogenen Supplic des de Voltairischen Anwalds Boehm und in seiner sub Sign. ͞mit übergebenen Vollmacht um Abschrift der von beeden Königln Räthen am 20. Junÿ h. a. überreichten Requisition und um Zurücklifferung der seinem Principali abgenommenen Gelder nochmalen eifferigst nachgesucht worden, welches letztere unser älterer Burgermeister, durch seinen actuarium, dem Hof-Rath Schmid besonders zu wissen tuhn und zugleich um seine Gesinnung anfragen lassen, worauf, laut sub Lit. G. beigehender schriftlichen Relation, die Declaration erfolget: Er, Hof-Rath Schmidt, seÿe niemals gemeint gewesen, dem de Voltaire das mindeste von seinem Geld vorzuenthalten, und hätte es nur an Selbigem gelegen, solches, nach abzug der Kosten, wie es an Ew. Königl. Maÿ berichtet worden, zu empfangen. Er wäre auch jederzeit erbietig, sotahnes residuum herauszugeben, wann der de Voltaire den an Ihn verlangten Schein in denen der Relation einverleibten Formalien ausstellen würde. Weil aber durch die de Voltairische gegen den Secretarium Dorn vorgenomene Tähtlichkeit die Sache dahin gekommen, dass dieser deshalben Satisfaction verlange, so müsse Er, Hof-Rath Schmid, deswegen erst mit dem Kriegs-Rath von Freÿtag conferiren. Bei der vorgeschriebenen Quittung wird der de Voltaire ohne Zweiffel dieses aussetzen, dass Er die, gegen seinen Willen, Ihm abgenomene 80. Louis d'or für ein depositum selbst angeben und sich davon 190. Th. 11. für unkosten abkürtzen lassen solle, auch ist derselbe der beständigen Meinung, dass die von dem Secretario Dorn Klagbar angezeigte, mit nichts erwiesene, vielmehr von dem Wechsel-Notario Mÿcc, auf welchen sich gleichwol der Dorn bezogen, ausdrücklich widersprochene und von Ihme de Voltaire, zum überfluss aidlich diffitirte, mithin in einer blosen Einbildung bestehende tähtlichkeit für Keine gültige Ursache der längeren Vorenthaltung seiner Gelder allegirt werden könne.

Wir haben dahero am 17. curr. bei ordentlichem Rath-Sitz für nötig angesehen, dem Kriegs-Rath von Freÿtag durch den actuarium Difenbach, dem Hof-Rath Schmid aber, als unserm wegen geleisteter Caution auch in dieser Sachen verpflichteten burger, per conclusum andeuten zu lassen, dass, wann Sie in 14. tagen Ew. Königl. Maÿ. allerhöchste Ratification und Requisition, versprochener masen, nicht beibrächten, man dem von Voltaire mit Comunication ihrer ersten Requisition willfahren, auch sich an die darin geleistete Schmidische Caution halten, auser deme aber Ihnen, auf Verlangen, die von Voltairische exhibita comuniciren würde; Nachdeme nun der Hof-Rath Schmid die Annehmung des Raths-conclusi, weil es eine Königliche Sache seÿe, von sich abgeleinet, der Kriegs- und Domainen-Rath von Freÿtag aber, nach bekandmachung des Inhalts, geantwortet. Er habe bereits darum geschrieben und seÿe desen mit der donnerstags-Post, als den 19. huj. gewärtig, solte aber doch wider Verhoffen die Königliche allergnädigste Requisition ausbleiben, würde Er Künftigen Sonnabend von neuem schreiben und umständlich melden, wie und was an Ihn gesonnen worden: vor die Communication der von Voltairischen Acten dancke Er noch Zur Zeit, da Er nicht sehe, wozu Er sie brauchen Könne.

So ist es bis dato dabei verblieben und indesen von beeden Königln Rähten ihrer anfänglichen Versicherung, uns Keinen Eintrag in unserer Jurisdiction zu tuhn, aufs neue dardurch zuwider gehandelt worden, dass Sie, nach schon aufgehobenen personal-arrest des de Volaire, sich noch beigehen lassen, seine weggenomene Gelder, ohne Vorzeigung einer Königln allerhöchsten ordre und ohne alle requisition unserer burgermeister, unter allerleÿ Praetexten de facto zu hinterhalten u ohne die geringste Liquidation Ihm eine nahmhafte Summ von 190. Th. 11.x eigenwillig in Aufrechnung zu bringen, deren Determination gleichwol, wam es auch Ew. Königl. Maÿ. allergnädigste Willens-Meinung seÿn solte, dergleichen dem von Voltaire zur Last zu setzen, allenfals von dem hiesigen richterlichen Amt, zumalen da die durch unbefugte Arrestirung der de Voltairischen Niece, der Wittib Denis, und des Secretaire Colini verdoppelte Kosten oft ernamten von Voltaire gar nichts angehen, dependiret, und bies dahin die quaestionirte Gelder billig in dem hiesigen Rath-haus hätten hinterleget werden sollen. AufEw. Königl. Maÿ. baldige allergerechteste Remédur komt es also vornemlich an, damit der von Voltaire, nach beschehener Relaxation seines personal-Arrestes, auch seiner bei der Gelegenheit Ihme abgenommenen Gelder wieder habhaft — mithin die hiesige Stadt von weiteren Anfechtungen befreÿet und in jurisdictionalibus Künftig nicht mehr beeinträchtiget werden möge. Ew. Königl. Maÿ. imploriren Wir darum nochmalen in der allertiefsten Ehrfurcht u. ermanglen nicht, die uns hierunter angedeihende allerhülderichste Willfahrung bei jedem Vorfall mit möglichstem Dienst-Eifer allerdevotest zu verschulden, in beständiger allersubmissester Verbleibung.

Ew. Königl. Maÿ.