Ew. Excellence habe ich auf verlangen des p. Mr de Voltaire (der mir versichert hat, dass Hoch-Diselbe in dieser Sache selbst zu cognosciren geruhen würden) anliegenden libellum unterthenig zu presentiren die ehre.
Es wünscht d. H. de Voltaire dass gegenwertige Sache de simplici ex plano absque strepitu forensi abgemacht werden möge, welches von Ew. Excell. Gnädiger und Höchsterleuchteter Verfügung dependiren wird.
Bell
d. 30. xb 1750
Der Cammerherr de Voltaire
contra
den Juden Abraham
Hirschel pet: humillime
ut
intus
Allerdurchlauchtigster Grossmächtigster König
Allergnädigster König und Herr
Der hiesige Schutz-Jude Abraham Hirschel, hat mich die Zeit anhero durch allerhand seiner nation gewöhnliche complaisances und Kunst-Griffer dergestalt zu fasciniren und einzunehmen gewusst, dass ich in verschiedene negotia mich mit ihm eingelassen.
Endlich hat er mir angelegen, dass ich ihm mit einigen Capitalien unter die Arme greifen, oder mindestens ihm vor ¹⁰⁄m rtl. Wechsel Briefe auf Paris fourniren möchte, er wolte dieserhalb noch vor der Verfallzeit caution bestellen, auch valutam nach den Cours berichtigen.
Ich lasse mich bereden, behändige ihm dergleichen Wexel, wie er aber davon reiset, ohne mir den versprochenen Vorstand zu leisten, so schreibe ich geschwind nach Paris, dass man ihm nichts auszahlen möchte.
Hierauf kommt er wieder zurück, berechnet sich den 16 huj. mit mir wegen einer und andern Posten, so er mir noch sonst schuldig war, and verspricht mir alle von mir in Händen habende Billets und Ordres, und insbesondere die ihm anvertraute Wexel a ⁴⁰lt⁄m od. 10 000 rtl. auf Paris zu retradiren. Mit welche retradition er aber bis auf diese Stunde zurückgeblieben. Welches also der erste Punct ist, der mich wieder ihn klagbahr zu werden nöthiget. Der zweyte besteht darinnen:
Den 17ten huj: ersuchet mich der Hirschel um ein Darlehn von 3000 rtl. Ich leyhe ihm solche baar, er hingegen gelobet mir dieselben innerhalb 3 Monath zu restituiren.
Einige Tage darauf komt er zu mir, und offeriret mir so viel Diamanten, nach ihren innerlichen Werth zu liefern als obige Summe austragen würde.
Ich lasse mir solches gefallen. Er bringt mir hierauf
1. | eine gross Schleife a Pendeloq |
2. | eine kleine |
3. | eine dito mit einen Rubin |
4. | einen 4eckigten Ring — eingefasset |
5. | einen dergleichen runden. |
Weil ich nun damit nicht zufrieden seyn will, so behändigt er mir noch ferner einen Ring mit den Königl. portrait
1 dito in Form eines Hertzes | |
1 dito viereckigt und eingefast | |
1 dito mit gelben Diamanten | |
1 dito mit einem Granat eingefasst | |
1 Spiegel. |
Nachdem ich aber dieses alles verschiedenen Kunst-verständigen zeige, entdeckten mir diese, dass ich hintergangen bin, und dass sothane prætiosa bey weiten keine ³⁄m rtl. werth sind. Ich dringe alsdann darauf, dass der Jude mich indemnisiren solle, dieser aber stellet sich hierzu gantz harthörig an. Ich muss also um hiebey nicht zu kurtz zu kommen (so sehr, als ich sonst alles, was nur den Nahmen eines processes haben kan verabscheue) zu Ew. Königl. Maj. allerunterthänigste Zuflucht nehmen, mit aller devotester Bitte höchst dieselben wollen allergnädigst geruhen:
ad. 1. | Den Juden anbefehlen zu lassen dass er alle von mir in Händen habende Billets, ordres, und Wexel sofort extradiren, auch (weil zu befürchten, dass er einige davon zu meinen praejuditz gemüssbrauchet haben dürfte) dieserhalb Suffisante Caution bestellen solle. |
ad. 2. | Hingegen die gerechteste Verfügung zu machen, dass sämtl. von dem Juden mir behändigte pretiosa durch Sachverständige taxiret, der Jude aber angehalten werden möge, dasjenige was nach aufgenommener Würdigung an den ihm vorgeschossen ³⁄m rtl. ermangeln würde mir baar una cum usur: et expens: zu vergütigen. |
Wofür ich überall ersterbe
Ew. Königl. Majestaet allerunterthänigster
de Voltaire
Berlin, den 30ten Decbr. 1750 A. W. Bell adv.