1753-07-06, de Graf Franz von Freytag à Michael Gabriel von Fredersdorff.

P. P.

Was vor chagrin, unkosten unnd Noth, uns beÿden krank seÿenden der v.
Voltaire, mit seinen erdichtungen unnd so wohl bey gott als dem könig unverantwortlichen betragen erweckte, einsolches ist mit der feder nicht zu beschreiben. Ja was Er gegen mich den hofrath Schmitt, selbsten gegen S. k. M. allerhöchste persohn herauss gestossen, ist besser zu vergessen als daran zu denken. Ob uns nun zwar auf unsere beyde letztere Eines an Ew. Hwohl. unterm 23ten Junny das andere an S. k. M. unterm 26ten ejusdem allerunterthr. gestellet keine antwort zu gekomen so laüft unterdessen eine königl. allerhöchste ordre von alhier Ein, welche unsere in dieser sache geführte conduitte zu unserem grösten Schmerz gar nicht zu approbiren scheinet, da wir doch an unserem allerdevostesten Eifer nothiger behutsamkeit, unnd ordre mässigen exactitude, in keine wege es haben ermangelen lassen. In der ersten k. ordre v. 11ten Apr. wird von VIELEN briefen unnd SCRIPTUREN gemeldet; unnd die vorgefundene machten nur ein mässiges paquetel auss; in der 2ten aller höchsten ordre vom 29ten April ware allerg. befohlen, dass der v. Voltaire alle seine E[m]ballagen zurück komen lassen solte, dass wir Ihn also nicht eher abreissen lassen konten, als biss wir vernomen ob dieses kleine paquet alle königl. viele briefe unnd Scripturen seÿen. Auf schlüssel unnd creutz ware unser augenmerk nicht so sehr als die briefschaften gerichtet, die öfters mehr als geld unnd guth geschatzet werden, absonderlich da sie von Sr. k. M. allerhochstschatzbahrsten hand sein solten; unnd eben deswegen wolten wir den leipsiger ballot nicht eröfnen, um zu ignoriren ob das buch darinn seÿe oder nicht; damit der v. Voltaire aber den conventional arrest desto ruhiger aushalten solte, so habe von zurückkunft, der hamburger unnd pariser ballots noch gar nicht gesprochen; unnd wen S. k. M. nicht eben in Preussen gewesen weren, so were die allerhöchste antwort auch vor ankunft des leipsiger ballots angelanget, so dass Er mein Ihme pro forma gegebenes billet (unnd dass es pro forma gegeben worden, mit 2 zeugen beweissen kan), nicht hätte missbrauchen, unnd zum fundament seiner flucht nehmen können; allein wen dieses Ihm nicht gedienet hätte, so hatte Er was anderes inventiret; den Er hat sich solcher gestalten, vor der k. antworth v. Berlin gefürchtet, dass man nicht anderst glauben kan, den Er muss was ganz enormes begangen oder in zukunft zu begehen im herzen haben. Er ginge also parole unnd Eÿdbruchigerweisse heimlich durch nachdeme Er sich etl. tage zuvor, in den hiesiegen Johanniter Freÿhof aber umsonst zu retiren getrachtet; unnd Er sein grose chatouille auch beste sachen weg practiciren lassen; hierzu kame dass Ew.Hwohl.unterm 11ten Juny meldeten, uns an die ungedult dess v. Voltaire nicht zu kehren, sondern biss zu ankunft Sr k. M, welche etl tägen ankomen würde der erhaltenen ordre gemäss so zu continuiren wie angefangen. Wie ware es also möglich Ihn loss zu lassen? wer hat also nun den coup d'eclat gemacht? Wir hatten leib und leben dran gewaget Ehrer wir Ihn fort gelassen hätten; unnd wen Ich der kreiges rath Ihn nicht noch in des barriers sondern im freyen felde angetrofen, unnd Er zu retourniren sich geweigert, so wüste ich nicht, ob ich Ihme nicht eine kugel durch den kopf gejaget hätte, so lagen mir die k. briefe unnd Scripturen am herzen.

Doch da nun seine k. M. in der letzten allerg. ordre austruckl. melden, Ihn zu dimitiren, so haben wir sogleich nach deren Empfang die 2 man wache abgehen, unnd Ihme seine beÿder bey mir in deposito gewesene paqueter ein händigen lassen mit dem vermelden, dass wir beÿde selbsten zu Ihme komen, unnd das fernere besorgen wolte; sur ses entrefaits hat Er bey dem magistrat himel unnd Erde beweget, die wache fortzuschafen über uns beÿde geklaget, ein memorial uber das andere eingegeben; vornehmlich hat die Denis frecher weisse vorgegeben mein secretaire Er were die nacht über bey Ihr im zimer geblieben; da sie Ihn doch ersuchen lassen ein solches zu thun, auch vor diese nacht wache Ihme Ein l. d'or zum present gemacht, unnd hundert andere dinge mehr; ja Er hat mit zu ziehung eines meiningischen so genandten cavalliers, unnd eines hiesiegen raths herrn Nahmens Senckenberg, ein verückter mensch welche alle preussische affairen contrecarriret, der an bosheit und gottlosigkeit in hiesiegen landen offenbahrlich seines gleichen nicht hat, unnd damit man Ihn erkennen moge ein gegen Ihn, bis diese stunde unbeantworthetes impressium beylege. Kraft wessen Er überführet ist unnd gestehet, in criminal sachen ein falsches protocoll gemacht zu haben; mit diesem Senckenberg hat Er den [?hiesigen] magistrat, deme eben in dieser zeit eine scharfe königl. declaration übergeben mussen unnd dahero gerne revange nehmen wollen dahin induciret, dass, we[n] — Er seinem Vorgeben nach von seinen um den könig seÿenden feinden verhindert würde, seine klagen vor allerhöchst denselben zu bringen, der magistrat dessen gegen uns verfertigte memolien, an S. k. M. ein zu schicken; welches wie ich vernehme [?heuthe] unerhörter weisse auch geschehen wird; doch leben wir der hofnung S. k. M. werde diese magistratische kühnheit auf das nachtrucklichst resentiren, unnd uns ungehört nicht lassen.

Eben nun als wir uns zu Ihme verfügen wolten, so schickte der burgmstr unnd liesse uns wissen der Voltaire hätte ein neues memorial übergeben unnd begehrte gegen uns eine Comission ingleichem, dass beÿ seiner demissionsdeclaration ein magistratisches mitglied dabey seyn solte; ersteres were vom magistrat selbsten verworfen worden; wegen des andern fragte Er an, was wir gesonnen weren; bald darauf schickte der Voltaire beyliegendes billet an mich; wir liessen uns dahero beÿ Ihm melden, weil Er schon etl. mal in das gegenüberliegende wirthshaus im löwen, mit seiner Denis gegangen ware; über welchen gang der kaum 20 schritt ausmacht diese Denis sich bey S: M: so sehr beschwehret, dass man sie zu fuss geführet die antwort aber ware; Er were unpass, Er könte uns nicht sprechen bey so bestalten unhöflichkeiten Ersuchten wir heuthe den bmstr. Ihme den degen zu schicken, unnd zu sagen, dass Er seine bey mir dem hofrath Schmitt deponirte wenige gelder nach abzug der unkosten, welche sich zusamen, auf 190 R. 11 Kr. beliefen, abhohlen könte, unnd wovon die Specification auf allerg. befehl eingeschicket werden solle.

Wir müssen noch mit 2 worthen die Erfindungen, womit die Denis S: k: M: beschwehret berühren. Aus unserem bereits eingeschicktem pro memoria, ist zu ersehen, dass wir nur den Voltaire zu arrestiren angehalten; da aber ich der hofrath Schmitt besagte Denis, in voller klage bey dem burgstmstr antrafe unnd zu allen rathsherren zu laufen in procinctu ware, so habe sie um unsern handel nicht zu verderben, anzuhalten gebetten. Sobalden aber des andern tags der burgermeisterliche arrestirungsspruch in pleno senatu gut geheissen worden, so hat man sie so gleich entlassen, unnd sie ist in aller stille ohne Escorte bey der Nacht von dem secretaire zu Ihrem oncle, so wie sie es verlanget gebracht worden. Die unkosten giebt sie tägl. 122 Xr an; da doch alles wie oben gemeldet nur 190 R kostet; enfin der ganze brief ist falsch.

S. k. M. befehlen in dero allerhöchsten letzten ordre, dass man allerhöchst Ihnen, nichts mehr von dieser sache reden solte, dahero haben wir uns die freÿheit genomen Ew. hochwlg. von dieser sache in aller eil zu informiren, damit Ew. Hwlg. beÿ gelegenheit gegen alle Calumnien unnd das wort reden mögen; vornehmlich bitten wir um die von uns dem magistrat versprochene requisitorialien gestalten Er heute declariren lassen Er wurde bis dahin mit uns weiter in nichts entriren.

Wir legen hier einen extract aus des basseler zeitung, welchen der Voltaire ohne zweifel selbsten also einrücken lassen, den es ist alles falsch dass Er mir ein Einziges wort von allen diesen sachen declariret hätte, unnd fals an den Canton Bassel geschrieben wurde, so würde sich ergeben dass dieses von einem gewissen James de La Cour eingeschickt worden.

Wir beharren mit der volkomnesten hochachtung Ew Hw.